Fußballstadien sind Orte voller Leidenschaft, Freudengeschrei und Testosteron. Das kann man förmlich spüren. Und ein geschätzter Kollege meinte einmal, am
Stadiontor wird die politische Korrektheit abgegeben wie schlecht versteckte Pyrotechnik (© Stefan Lassnig).
Stimmt natürlich. Ganz speziell Wacker-Innsbruck-Fans wissen das. Aber heute geht's nicht um irgendwelches Fangeplänkel, sondern schlicht darum, wie Stadien zu ihren Namen kommen
– oder eben nicht.
Warum schreibt überhaupt jemand, der sich hauptsächlich mit Werbung und Marketing beschäftigt, einen Blog in dem es um Fußball geht? Weil Fußball mit Werbung schon ganz schön viel gemeinsam hat. Also so Außenwirkungstechnisch gesehen. Fußballteams sprechen eine Zielgruppe an, die heißen dann halt Fans (so wie auf Facebookseiten) oder Hooligans oder Ultras (wie auf den Facebookseiten diverser Rechtspopulisten). Und die Clubs schauen da schon sehr genau darauf, die jeweiligen Zielgruppen gut zu bedienen.
Außerdem machen Fußballclubs Merchandising. Sie verkaufen also Leiberln mit Nummern und Namen von Spielern, Kaffehäferln, Schlüsselanhänger, Strampelanzüge, Luftmatratzen und was weiß ich noch alles. Und da gibts Clubs, die machen das super – die kommen aus München, Manchester oder Madrid. Und es gibt Clubs die können das nicht ganz so gut – die kommen dann aus Hütteldorf, Favoriten oder Mattersburg.
Aber der ganze Stolz von erfolgreichen Fußballclubs sind die Orte, in denen sich wöchentlich die oben beschriebene Zielgruppe einfindet, um das Team, dem sie mit ganzem Herzen anheim gefallen ist, anzufeuern. Diese Schmelztiegel von Fankultur, Schmähgesängen und latenter Gewaltbereitschaft nennt man in Fachkreisen "Das Stadion".
Wenn ein Fan einer Mannschaft ins "Stadion" geht, dann weiß sein Umfeld in welches! Da muss der nix genaues benennen. ABER – und das ist die Krux an der Sache – in "Das Stadion" kommen auch andere Personenkreise als nur die Zielgruppe einer einzigen Fußballmannschaft. Es hat sich nämlich eingebürgert, dass Fans gegnerischer Mannschaften ebendiese zu sogenannten Auswärtsspielen begleiten, um das eigene Team zu unterstützen. Ein gelungener Akt der Kundenbindung gewissermaßen. Und da kann man dann natürlich nicht mehr sagen, man geht in "Das Stadion". Weil man geht zwar in "ein Stadion", aber aus dem Blickwinkel des Fans gesehen eben in ein anderes. Und deshalb hat man irgendwann angefangen, Stadien Namen zu geben.
Diese Namensgebungen sind unterschiedlich kreativ. "Allianz-Arena" bringt jede Menge Geld vom Sponsor, ist also rein ökonomisch sehr empfehlenswert, aus Fansicht aber mäßig spannend. Denn Fans lieben Stadien, die mit Tradition behaftet sind – wie das Old Trafford in Manchester. Aber am allerallermeisten mögen Fußballfans, wenn Stadien nach legendären Kickern eines Clubs benannt werden. Da gibt's schöne Beispiele dazu. Das Ferenc-Puskas-Stadion in Budapest zum Beispiel. Das Fritz-Walter-Stadion in Kaiserslautern oder das Guiseppe-Meazza-Stadion in Mailand. Und natürlich das in Österreich weltbekannte Ernst-Happel-Stadion im Wiener Prater. Namen wie Wörthersee-Arena oder Stadion Wals-Siezenheim hingegen sind ein Affront für jeden fußballaffinen Geist. Und ein Stadion Gugl zu nennen, selbst wenns Tradition hat, ist einfach lächerlich! Diesbezüglich herrscht in Österreich durchaus noch Aufholbedarf.
Ich meine, es müsste sich doch allerorts ein legendärer Fussballer finden lassen, nach dem man diese Stadien benennen könnte. In einer angeregten Diskussionsrunde mit zahlreichen selbsternannten Fußballprofessoren (ich zähle mich da durchaus selbstkritisch dazu) wurden dann auch alle möglichen Varianten durchgespielt, bis auf einmal ein Vorschlag aufs Parkett kam, der bei uns blankes Entsetzen auslöste, Angstschweiß freisetzte und – wie in diesem Fall nicht anders zu erwarten – von einer Frau kam.
Warum nicht auch mal Stadien nach Frauen benennen? Ääähh – wie bitte????
Immerhin gäbe es genügend Sportlerinnen und Frauen, die sich solch ein Denkmal durchaus verdient hätten. Und außerdem steht ja auch hinter jedem erfolgreichen Mann eine starke Frau. Und deshalb wäre es durchaus angebracht, endlich ein Stadion nach einer ebensolchen zu benennnen. Wir Männer schauten etwas betreten, und entschloßen uns nach kurzer Zeit so zu tun, als ob diese Aussagen einfach nie gefallen wären.
Denn jetzt mal ganz ehrlich – glaubt irgendjemand wirklich, dass wir den Zuschlag zur Austragung der Fußball-Europameisterschaft 2008 erhalten hätten, wenn in dem der UEFA vorgelegten Konzept gestanden hätte:
Das Endspiel zur UEFA-Fußball-EM 2008 wird ausgetragen im altehrwürdigen "Dem-Ernst-Happel-Seine-Frau-Ihr-Stadion"?
Sag ich ja.
Über den Autor:
Sascha Ladurner ist selbsternannter Fußballkenner und geht auch gern mal in "Das Stadion".
Beruflich beschäftigt er sich mit Design und berät Unternehmen über die vielfältigen Möglichkeiten des Werbeuniversums.
Er mag Iggy Pop und Wacker Innsbruck.
Dieser Blog erschien in leicht abgewandelter Form erstmals kurz vor Eröffnung der Heim-EM 2008 in veränderter Form!
Kontakt: sascha.ladurner@gmail.com