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5 Digitalisierungs-Mythen aka "Hört auf mit dem Scheiß!"

Stoppt kinderarbeit!

Wenn Unternehmer auf das setzen, was landläufig als „die Digitalisierung“ bezeichnet wird, hören sie eine Menge gutgemeinter Ratschläge.

Einige davon sind aber blanker Unsinn – Bullshit würde der bereits digitalisierte Socialmedia-Manager das nennen!

Frau tippt auf einem Laptop Suchbegriffe in einen Webbrowser
Der Digitalisierungswahn hat zwischenzeitlich auch renommierte Unternehmen befallen – warum verhindert das denn niemand? Foto: pixabay

Seien wir uns mal ehrlich – sogar die österreichische Wirtschaft ist an dem Punkt angelangt, wo sie (langsam zwar, aber stetig) realisiert, dass da was auf uns zukommt. Und irgendwas hat das mit Internet zu tun. Was es dabei bei den einzelnen Unternehme(r)n auslöst, ist unterschiedlich, aber im Wesentlichen in zwei Kategorien einzuteilen: Panik oder hektische Betriebsamkeit. Aber egal welcher Kategorie du angehörst – du solltest dich zumindest von den folgenden Mythen nicht beeinflussen lassen:

 

Mythos 1: Digital Business hat nichts mit der alten Geschäftswelt zu tun

Dies ist naturgemäß die Lieblingsweisheit aller digitalen Beratungsbuden und Socialmedia-Zauberer und natürlich die unantastbare Aussage bei allen – wirklich allen – Innovationsgipfeltreffen der Branche.

Denn die Illusion, dass man eine völlig neue Art der Ökonomie betritt ist sozusagen Grundvoraussetzung für deren Geschäftsmodell! Dabei geht‘s auch in der „New Economy“ im Grunde nur darum, was die Kunden des Unternehmers wollen und wie ich es als Unternehmer schaffe, Kunden für mein Produkt zu interessieren. Wenn ich das nicht schaffe, ist es grundsätzlich egal ob ich ein „dotcom“ oder ein altmodischer Handwerksbetrieb bin. Denn dann bin ich so oder so ganz schnell weg vom Fenster. Was dagegen stimmt ist, dass es einige New Player geschafft haben, eben dieses Kundenbedürfnis wieder mehr in den Focus zu rücken, und damit alteingesessene Betriebe in Bedrängnis brachten. Das heißt aber nur, dass einige der Etablierten aus dem Blick verloren haben, womit sie ursprünglich groß wurden!

 

Mythos 2: Alle unter 30 sind Digital Natives und verstehen das Geschäft

Jaja, jede Generation nimmt das Recht für sich in Anspruch, sich gegenüber dem Establishment aufzubludern und den arrivierten zu zeigen, wie man es richtig macht. Aber zum ersten Mal lässt sich die ältere Generation von der albernen Arroganz der Jungen tatsächlich beeindrucken, und glaubt jeden noch so verqueren Mist, den die Jungspunde verzapfen. Es hat ja beinahe schon etwas Peinliches, wenn gestandene Manager jeden Unfug auf Twitter verbreiten, weil sie fürchten, sonst als altmodisch gesehen zu werden. Dabei genügt ein Blick zu den wirklich großen Playern, um zu sehen wer das digitale Datenschiff tatsächlich steuert: Google-Chef Eric Schmidt wurde 1955 geboren, war also schon Mitte Dreißig, als das World Wide Web geboren wurde. Apple-CEO Tim Cook ist gerade mal fünf Jahre jünger, Tesla-Wundermann Elon Musk ist 44 Jahre alt. Und selbst der ewige Jungspund Mark Zuckerberg hat seinen Dreißiger schon hinter sich!

Stoppt also die Kinderarbeit – ein Hoodie, Hornbrille und Vollbart sind modische Accessoires, aber kein Indiz dafür, dass man von irgendwas mehr versteht als die alte Garde.

 

Mythos 3: Mehr Digital ist gleich mehr Geld

Der möglicherweise größte Irrtum, dem Unternehmer aufsitzen ist, dass schnellere Rechner, eine App und eine Homepage den Umsatz ankurbeln. Das stimmt allerdings nur bedingt – denn was all diese Möglichkeiten in Wirklichkeit bedeuten ist folgendes: Alle Informationen über Produkte, Preise und Qualität sind praktisch rund um die Uhr und von überall abrufbar. Man kann sich also nicht mehr auf ein Informationsdefizit oder die Markentreue des Kunden verlassen. Sondern man ist gezwungen, sich auf die Kernwerte des eigenen Unternehmens zu konzentrieren und das nach außen, zum Kunden zu tragen – eigentlich nichts wirklich neues (siehe Mythos 1).

 

Mythos 4: Apple & Co. Kennen die Zukunft

Irgendwie beeindruckend: Wie das sprichwörtliche Kaninchen vor der Schlange erstarren europäische Unternehmen regelmäßig, wenn irgendwelche (Pseudo)Ideen aus dem Silicon Valley an die Öffentlichkeit geraten. Selbst arrivierte Unternehmen aus der Automobilbranche lassen sich in Panik versetzen, weil irgendein gelangweilter Produktdesigner eine Studie veröffentlicht, die Entfernt an einen fahrbaren Untersatz erinnert. Tatsächlich aber sitzen in den Headquarters von Apple, Google oder Facebook mitnichten mit hellseherischen Fähigkeiten ausgestattete Mystiker, sondern einfach nur Leute, denen erlaubt wird, auch mal saublöde Ideen durchzudenken – denn vielleicht wird ja was draus. Das kann der Maschinenbauer im Waldviertel seinen Mitarbeitern aber auch erlauben. Und schon kommt die nächste Innovation aus Horn statt aus Mountain View.

Das einzig wichtige Prinzip lautet „Trial and Error“ – wieder mal echt old school (siehe Mythos 1).

 

Mythos 5: Schöne neue, digitale Welt

Viele, sehr viele sogar, glauben, dass sich die Welt in zwei Bereiche teilt: Einerseits das Internet – schnell, durchgehend in Veränderung und bevölkert von lauter schlauen Wesen, die sich dort bewegen und Unmengen an Kohle scheffeln. Und dann auf der anderen Seite die analoge Welt – langsam, träge und voller blöder Idioten, die es einfach nicht kapieren wollen. ABER: Das Netz sind WIR! Du, ich, sogar meine Mama! Selbst wenn die Hipster-Kids (siehe Mythos 2) für sich beanspruchen, dass ihnen alles ein bisschen mehr gehört, ohne uns wären sie schlicht und einfach nicht existent. Denn es gibt keine größere Konformitätsbewegung als das Internet – wir alle wurden schon längst eingemeindet und sind Teil des großen Ganzen.

 

Also ihr Unternehmer da draußen, egal ob Technik-Start-Up oder Handwerksbetrieb in sechster Generation, ob Großkonzern oder Einzelkämpfer: hört auf, euch zu fürchten, hört auf euch wie Idioten zu benehmen, hört auf euch Gedanken zu machen ob ihr das Netz auch richtig nutzt.

Macht einfach was ihr am Besten könnt: Euren Job!


Über den Autor:

Sascha Ladurner mag das Internet und die reale Welt. Er ist außerdem selbsternannter Fußballkenner.

Beruflich beschäftigt er sich mit Werbung und Design und berät Unternehmen über die vielfältigen Möglichkeiten des Werbeuniversums.

Er hört Iggy Pop und leidet mit Wacker Innsbruck.

 

Kontakt: sascha.ladurner@gmail.com